This short term workshop (duration of 6 weeks) was realized in cooperation with the Flüchtlingshilfe Dingden and the Freelens Foundation, Hamburg, sudden after the beginning of the Russian-Ukrainian war in spring 2022. Together with a group of Ukrainian woman, which recently escaped from the Russian war against Ukraine, we worked on a documentation of their and their family’s try to assimilate in a small village in Northrine-Westphalia, Germany. Using one-way cameras, we became a look behind the walls, accompanied by statements of the refugees - to be exhibited in the village to build bridges to the recent citizens, too.

Oleksandra (Kiev)

“In der Ukraine verbrachte meine Familie mehr als vierzig Tage unter Besatzung, als der Krieg begann. Als unser Territorium von den Besatzern befreit wurde, und es eine Gelegenheit zur Evakuierung gab, haben wir es getan. Mein Vater wollte mich an einen sicheren Ort bringen und mich ins Ausland schicken. Das wollte meine Tante für ihre Töchter auch, also brachte mein Vater uns zuerst nach Kiew. Also sind meine Cousinen, meine Tante und ich nach Deutschland gegangen. In der Ukraine habe ich an einer Universität studiert, jetzt studiere ich per online-Studium weiter. Meine jüngere Cousine geht in die 10. Klasse einer deutschen Schule. Meine Tante ging sofort zur Arbeit in eine örtliche Nähfabrik. In der Ukraine hat sie in der Personalabteilung eines Unternehmes gearbeitet. Mir scheint, unsere Welt ist in „vorher“ und „nachher“ geteilt, so dass unser einziges Hobby und Leidenschaft nun darin besteht, deutsche Gesetze und Dokumente zu verstehen. Wir glauben an den schnellen Sieg der Ukraine in diesem Krieg und an den Frieden, weil meine Eltern und mein Bruder in der Ukraine geblieben sind.”

Alyona (Odessa)

“Krieg ist etwas, das wir nicht erwartet haben und an das wir nicht glauben konnten. „Das kann nicht sein“, sagten wir uns gegenseitig. Die ersten Tage in meiner Heimatstadt Odessa waren ruhig, aber einige Tage später begannen heftige Explosionen. Es war sehr beängstigend, und die Menschen versteckten sich in Luftschutzkellern, in den Fluren ihrer Häuser und in Badezimmern. Fenster und Wände wurden von den Explosionen erschüttert. Zwei Monate lang lebten wir in dieser Spannung. Am 18. April 2022 beschloss ich, meine Kinder an einen sicheren Ort zu bringen: meine beiden Töchter und meinen Patensohn. In der Ukraine blieben alle unsere Verwandten in Gefahr: mein Mann, meine behinderte Mutter, mein Vater, meine Geschwister. Jeden Tag sehe ich die Nachrichten und bete, dass meine Angehörigen am Leben und unverletzt sind und unsere Häuser unversehrt bleiben. Wir sind Deutschland sehr dankbar, dass dieses Land uns beherbergt und schützt, damit unsere Kinder in Frieden leben können. Jetzt leben wir hier in der Schule, die für ukrainische Flüchtlinge eingerichtet wurde. Meine Kinder gehen zur Schule, lernen die Sprache, finden neue Freunde. Das wichtigste für mich ist, dass sich meine Kinder sicher fühlen und keine Kriegsangst mehr erfahren müssen.”

Iryna (Lwiw)

“Wir kommen aus der Stadt Lwiw. Am 23. Februar 2022 verbrachten meine 9-jährige Tochter und ich anlässlich ihres Geburtstags fast den ganzen Tag im Kinderzentrum. Aber am nächsten Tag, um 7 Uhr am Donnerstag, schrieb der Lehrer in die Schulgruppe, dass ein Krieg begonnen habe und die Kinder zu Hause bleiben sollten. Es herrschte Panik. Nicht weit von uns entfernt waren Explosionen auf dem Militärflugplatz und bei drei Militäreinheiten zu hören. Ich bin den ganzen Tag herumgelaufen, habe Lebensmittel und Medikamente gekauft usw. In den Geschäften und Apotheken gab es sehr lange Warteschlangen. Ich sammelte Wasser in allen Gefäßen, die ich zu Hause hatte. Am Morgen wurden wir von Sirenen geweckt. Gegenüber unseren Fenstern befand sich ein Luftschutzkeller. In der Nähe standen Leute mit großen Taschen. Meine Nachbarin mit zwei kleinen Kindern war auch dabei. Wenig später schlug derselbe Nachbar vor, nach Polen zu fliehen. Das war sehr unerwartet. Ich war in drei Stunden fertig. Wir warteten auf der einen Seite auf den Zug und dachten, dass wir unter den Ersten sein würden, die in den Zug einsteigen können, aber das Gegenteil war der Fall, denn der Zug kam von der anderen Seite. Deshalb standen wir die ganze Zeit in dem Zugwaggon. Ein Platz war für die Kinder reserviert, wo sie abwechselnd saßen. Der Wagen war voller Menschen, Kinder weinten. Wir verließen Lviv gegen 19 Uhr und kamen erst um 9 Uhr am nächsten Morgen in Przemysl in Polen an. Wir standen die ganze Nacht an der Grenze, obwohl die Fahrt mit dem Zug normalerweise nur 2,5 Stunden dauert. Nachts sagte meine Nachbarin, dass ihre Freunde aus Dänemark ihr geschrieben hätten, dass sie nach Przemyśl kommen und sie zu sich holen würden. Sie haben mich nicht mitgenommen, weil sie sagten, ich hätte keinen Pass. So blieben meine Tochter Diana und ich allein auf dem Bahnhof in Przemyśl zurück. Fast alle Leute, mit denen wir unterwegs waren, sind irgendwo verschwunden. Es war beängstigend. Ein Mann kam auf uns zu und bot uns an, uns nach Krakau zu seinen Freunden zu bringen. Wir blieben fünf Tage lang bei einer polnischen Frau, die Marietta hieß. Sie brachte uns zu einem Hotel, in dem wir maximal zwei Monate bleiben konnten. Im Hotel planten wir, mit anderen Ukrainern nach Deutschland zu fahren. Marietta setzte uns in einen Zug nach Berlin. Auch dieser Zug war voll von Ukrainern. In Berlin trafen wir auf Polen, die sich bereit erklärten, eine Frau mit Kind aufzunehmen. Wir haben 1,5 Monate lang bei dieser polnischen Familie gewohnt, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt. Jetzt sind wir in einem Flüchtlingslager in Dingden. Mein Bruder, sowohl 2014 als auch jetzt, verteidigt die Ukraine mit der Waffe in der Hand. Er ist 12 Jahre jünger als ich und war für mich immer wie ein Kind. Er sagt, er fühle sich sicherer, wenn wir in Deutschland sind. Zu Hause arbeitete ich als Redakteurin in einem Zeitungsverlag. In Deutschland werde ich arbeiten, wo immer ich einen Job finde. Meiner Tochter gefällt es in der deutschen Schule sehr gut. Am meisten bedauert sie, dass sie das Turnen, das sie professionell betrieben hat, und auch die Kunstschule verlassen musste. Sie vermisst auch ihre Katze sehr.”

Sofia (Zaporizhzhya)

“Sofia sagte, sie wisse nicht, was sie sagen solle. Es scheint, dass es für sie, wie für alle Geflüchteten, kein einfacher Weg war. Sie und ihre Mutter stammen aus der Stadt Zaporizhzhya. Zu beginn des Krieges war es dort, wie überall in der Ukraine, nicht ruhig. Daher evakuierten sie nach einiger Zeit auch mit dem Zug in die Westukraine und reisten später nach Deutschland ab. Ich glaube, wie alle anderen lebten sie zuerst in dem Flüchtlingsaufnahmelager und wurden dann nach Dingden geschickt, wo sie weiterhin in der Schule leben. Sofias Mutter reiste in die Ukraine, um ihre Verwandten zu besuchen, und kehrte gestern nach Deutschland zurück, aber Zaporizhzhya wird jetzt gnadenlos mit russischen Raketen bombardiert, also war es eine gefährliche Reise.“ (Gerpräch mit Oleksandra)

Maryna (Odessa)

“Meine Heimat Odessa ist eine Stadt am Meer. Ich arbeitete als Floristin in einem Blumenladen, mir ging es dort sehr gut. Als am 24. Februar 2022 das Kriegsrecht über unsere Stadt verhängt wurde, wurde es schreklich. Es gab viele Alarme, Explosionen waren zu hören. Die militärische Alarmsirene ertönte ständig, periodisch. Ich hatte Angst um meine Kinder, also beschlossen wir, zu versuchen, dieser Angst zu entkommen. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte. Meine Freunde und ich stiegen am Bahnhof in einen Zug nach Nirgendwo. Irgendwann kamen wir in Bratislava in Polen an. Von dort aus nahmen wir den Zug nach Berlin. Alles kam mir sehr surreal vor. Wenn in meiner Heimat alles endet, möchte ich zurück. Im Moment besuche ich jedoch einen Deutschkurs. Denn wenn alles schief geht, möchte ich natürlich hier einen Job finden, damit meine Kinder in Sicherheit sind. Es ist für mich immer noch sehr schwer, über alles zu sprechen. Ich denke es ist unwahrscheinlich, dass es eine Person, die ein völlig ruhiges Leben führt und alles in Ordnung ist, verstehen kann, was es bedeutet, wenn so schrekliche Dinge wie Krieg passieren. Es kommt mir immer noch so vor, als würde nicht mir das alles wiederfahren. Manchmal glaube ich noch nicht einmal, dass in meinem Land ein Krieg stattfindet.”